1. August am 2. September

Vom Nationalfeiertag merkt man nicht viel. Nur Banken und Verwaltung haben geschlossen. Von 21 bis 21.15 Uhr gibt es offizielle Feuerwerke. Eines sehen wir von unserer Dachterrasse aus. Nichts Besonderes. 

Fahne gehisst

Jetzt ist auch unser Haus beflaggt. Morgen ist der Vietnamesische Nationalfeiertag. Am 2. September 1945 hat Hồ Chí Minh Vietnam für unabhängig erklärt. 

Hinausgeworfenes Geld

Heute, am Vollmondtag des 7. Monats nach Mondkalender, ist das Geisterfest oder der Tag der Hungergeister, genannt cô hồn. Unabhängig von der Religion wird geglaubt, dass dieser Tage die Tore zum Jenseits geöffnet sind und die hungrigen Seelen der Toten herum irren. Also gilt es, diese zu füttern. Die Einen tun dies symbolisch, indem sie auf der Strasse Geld verbrennen. Andere spenden Geld und Nahrungsmittel an lebende Hungergeister, das heisst an Bedürftige. Das kann hier auch bizarre Formen annehmen:

(Bild: VNexpress, es wäre ziemlich gefährlich, hier selber zu fotografieren)

Einige Leute, aber auch Geschäfte werfen Geldscheine aus den oberen Etagen, welche dann von der Menschenmenge auf der Strasse aufgefangen werden. Andere stellen vor ihrem Haus Tische mit Opfergaben auf. Das Anzünden eines Bündels Räucherstäbchen durch den Besitzer ist dann der Startschuss, wonach die Passanten die Waren mitnehmen können. 

Beide dieser Praktiken arten meistens aus, indem die "Geister" mit Netzen, umgekehrten Schirmen, Säcken und Kartons gierig möglichst viel erhaschen wollen. Nicht selten kommt es dabei zu Unfällen und Schlägereien. 

Die Spender kümmert das wenig. Sie gedenken der Toten und erhoffen sich mehr Reichtum. 

Drachenblut

Hier sieht man einmal gut, wie man Drachenfrüchte unterscheiden kann:

Auf die äusserliche Farbe kann man nicht gehen. Die Form der Blätter verrät es jedoch: Früchte mit rubinrotem Fleisch haben dicke, krallenförmige Blätter. Die mit weissem Fruchtfleisch flache, langgezogene.

Übrigens, das Kilo weisse Drachenfrucht kostet hier 55 Rappen, die rote 73 Rappen. In der Schweiz zahlt man für eher dürftige Qualität 8 Franken pro Kilo.

Familienschlauch

Heute war bei uns ein typisch Vietnamesisches Familienfest, einerseits zu Ehren des an diesem Tag verstorbenen Grossvaters, andererseits zur offiziellen Einweihung unseres Hauses. Familie heisst hier die komplette Verwandtschaft, in unserem Falle 31 Gäste. 

Viel Arbeit hatten wir nicht, die hat die dazu gehörende Küchenbrigade übernommen, und zwar professionell mit perfektem Timing.

Als Gastgeber hatte ich jedoch auch meine Pflichten: Zunächst musste ich den Herrentisch willkommen heissen, natürlich mit "trăm phần trăm" (100%), das heisst ein ganzes Bier ex. Một - hai - ba - yo!

Das wurde nach jedem Gang des Menues wiederholt, und einzelne Herren kamen auch dazwischen zu mir, um eben "100%" anzustossen. So gehört sich das in Vietnam. 

Für die, die jetzt die Personen auf dem ersten Bild zählen: Gastgeber und Küchenbrigade essen in der Küche. 

Im Anschluss gab es dann auf der Terrasse lautstarkes Karaoke. Stören tut das niemanden, ebenso wenig wie die gestrige Party der Nachbarn, die dazu eigenmächtig die Strasse gesperrt haben. Das schätze ich an Vietnam: Leben und leben lassen.